No1984 / Prozess / Prozesserklärung
Holger Voss, Münster Geschäfts-Nr.: 37 Cs 46 Js 548/02 -259/02 |
Strafprozess: Mittwoch 08.01.2003, 09.00 Uhr Amtsgericht Münster Raum 185 (1. Stockwerk) Gerichtsstraße 2 48149 Münster |
Ich stehe hier vor Gericht wegen einer politischen Meinungsäußerung.
Ich hatte mich am 21. Juni 2002 im Internet-Forum des Online-Magazins „Telepolis”
gegen ein Massaker an afghanischen Kriegsgefangenen ausgesprochen.
Diese Äußerung wurde von Staatsanwaltschaft und Amtsgericht Münster
als Billigung von Mord ausgelegt, weil sie wegen der Verwendung von Ironie und Sarkasmus
angeblich missverständlich war. Ich soll billigend in Kauf genommen haben,
dass meine sarkastische Äußerung missverstanden wird
als Billigung der Angriffe gegen Ziele in den USA vom 11. September 2001.
Mehrere Aspekte dieses Verfahrens sind ziemlich ungewöhnlich
und haben zumindest mit meinem Verständnis von Menschenrechten,
von freier Meinungsäußerung, von künstlerischer Freiheit,
von Datenschutz und Unschuldsvermutung wenig zu tun.
Statt dessen zeigen sich Aspekte einer politischen Justiz,
die bestimmte Themen zu tabuisieren versucht: Bezogen auf den 11. September 2001
soll schon eine Äußerung bestraft werden,
die möglicherweise so missverstanden werden könnte,
als wären diese Angriffe gutgeheißen worden. –
Und auf der anderen Seite finden alltäglich Diskussionen statt,
in denen über Krieg, somit also über Massenmord,
als Mittel der politischen Auseinandersetzung offen nachgedacht wird.
Massenmord in Afghanistan, im Kosovo, in Kurdistan,
in den von Israel besetzten Gebieten oder im Irak
darf scheinbar öfffentlich gebilligt werden,
so lange er sich als Krieg oder als Aufstandsbekämpfung maskiert.
Zunächst aber zu der Auseinandersetzung, die zu dem Strafverfahren gegen mich geführt hat:
Der Journalist Harald Neuber veröffentlichte am 20. Juni 2002 den Artikel „Das Massaker, das nicht sein darf” im Internet-Magazin „Telepolis”. Darin geht es um die mutmaßliche Hinrichtung von mehreren Tausend Kriegsgefangenen durch die afghanische Nordallianz. Diese Hinrichtung soll, so der Artikel, wahrscheinlich von us-amerikanischen und britischen Soldaten unterstützt worden sein.
Ein Unbekannter mit dem Pseudonym „Engine_of_Aggression” nahm diesen Artikel zum Anlass, das mutmaßliche Massaker zu loben und den Tätern zu gratulieren. Zitat: „Gratulation, dass es [...] noch Menschen gibt, die sich trauen das Böse mit der Wurzel auszureissen und vom Antlitz des Planeten restlos zu vertilgen!” – Zitat Ende.
Diese Verherrlichung von Gewalt gegenüber wehrlosen Kriegsgefangenen
habe ich angegriffen, indem ich den Text sarkastisch aufgegriffen
und verbal möglichst ähnlich,
inhaltlich aber unter genau umgekehrten Vorzeichen,
den Äußerungen des „Engine_of_Aggression”
gegenübergestellt habe.
Um die menschenverachtende Gewaltverherrlichung seiner Äußerungen
deutlich zu machen, habe ich ihm seine eigene Sprache vorgeführt –
nur mit anderer Rollenverteilung:
Seine afghanischen Kriegsgefangenen aus dem Taliban-Umfeld,
die er als – Zitat: „Abschaum” – Zitat Ende – bezeichnete,
habe ich durch die Gegenseite in der Auseinandersetzung zwischen USA und Taliban,
also durch US-AmerikanerInnen, ersetzt.
Ansonsten habe ich wesentliche Teile seiner gewaltverherrlichenden
bzw. gewaltverharmlosenden Sprache bewusst übernommen und damit vorgeführt:
– Zitat: „Abschaum” – Zitat Ende –
zur Bezeichnung der Opfer,
– Zitat: „Gratulation” – Zitat Ende –
zu einer massenhaften Tötung,
– Zitat: „überkritischen Zeit” – Zitat Ende –
als präventive Abwehr humaner Einwände,
– Zitat: „das Böse” – Zitat Ende –
zur Bezeichnung der jeweils anderen Kriegspartei,
– Zitat: „ausreißen” – Zitat Ende –
zur Tötung von Menschen.
Soweit die sprachlichen Übereinstimmungen,
die auch bei oberflächlichem Lesen deutlich machen,
dass ich hier nicht mit eigenen Worten meine Meinung ausgedrückt habe,
sondern den Text des „Engine_of_Aggression”
ironisch überspitzt ad absurdum führe.
Dieser Zusammenhang kann auch bei oberflächlichem Lesen kaum entgehen,
denn der Text, auf den ich mich beziehe,
ist als Zitat in meinem eigenen Text enthalten.
Und damit auch extrem oberflächliche LeserInnen meine Ironie bemerken,
habe ich noch einen Wink mit dem Zaunpfahl eingebaut;
ich habe geschrieben – Zitat:
„Ach ja: Wer Sarkasmus findet,
der/die möge ihn bitte weiterverwenden.” – Zitat Ende.
Ich distanzierte mich im P. S. von „Engine_of_Aggression”,
bezeichnete ihn als – Zitat: „Volksverhetzer” – Zitat Ende –
und habe geschrieben, dass ich seine weiteren Beiträge nicht lesen möchte.
Auch die Überschrift meines Textes macht deutlich,
dass ich nicht eine eigene Meinung formuliere, sondern zeigen will,
wie sich der Text von „Engine_of_Aggression” auch ganz anders –
und überhaupt nicht in seinem Sinne – verstehen lässt.
Zitat: „EoA zum 11.9.2001.: Das Böse wurde mit der Wurzel ausgerissen!”
Offenbar wurde meine Ironie auch allgemein verstanden.
Auf meinen Text hat lediglich „Engine_of_Aggression” reagiert –
dazu gleich mehr. Auf seinen gewaltverherrlichenden Text hingegen
gab es im Juni 2002 sechs direkte Reaktionen – allesamt eindeutig ablehnend.
Das macht deutlich, dass die TeilnehmerInnen des Telepolis-Forum
sehr wohl unterscheiden konnten zwischen echter Gewaltverherrlichung und Ironie.
„Engine_of_Aggression” nun, der Befürworter des Massakers an Kriegsgefangenen, drohte mir mit der Staatsanwaltschaft: Zitat – „Mal schaun, was der Staatsanwalt zu Deinem Beitrag sagt...” – Zitat Ende.
Und die Staatsanwaltschaft hat sein Spiel mitgespielt. Und das Amtsgericht hat das Spiel der Staatsanwaltschaft mitgespielt. Zunächst wurde gegen mich ein Strafbefehl über 50 Tagessätze verhängt, heute stehe ich als Angeklagter vor Gericht.
Dass sich, soweit aus den Akten ersichtlich, niemand gewundert hat,
warum „Engine_of_Aggression”, dem ich doch angeblich zugestimmt habe,
mir mit der Staatsanwaltschaft droht, finde ich sehr erstaunlich.
Dass die anonyme Anzeige gegen mich von „Engine_of_Aggression” gestellt wurde,
davon kann wegen der Wortwahl, dem Zeitpunkt und der Drohung im Telepolis-Forum
wohl ziemlich sicher ausgegangen werden.
Im Zuge der Ermittlungen wurden die Verfolgungsbehörden
schon früh darauf aufmerksam gemacht, dass meine Äußerung
wohl ironisch gemeint war: Eckebrecht von Pappenheim,
Administrator beim Verlag Heinz Heise und somit für das Telepolis-Forum zuständig,
schrieb im Juli 2002 an die ermittelnde Polizei Münster – Zitat:
„Ich halte das Posting des Herrn Voss [...] nicht für seine Meinung,
sondern eine sarkastische Überspitzung des Originalpostings
von ‘Engine_of_Aggression’” – Zitat Ende.
Für diese Einschätzung brauchte Herr von Pappenheim
auf jeden Fall weniger als 20 Minuten –
nur 19 Minuten lagen zwischen der E-Mail aus Münster
und seiner Antwort darauf.
Ganz offenkundig ist also keine detaillierte
und langwierige Auseinandersetzung mit meinem Posting nötig,
um es korrekt als Ironie zu erkennen.
Für die Staatsanwaltschaft Münster kein Grund,
die Ermittlungen einzustellen.
Im Gegenteil, jetzt geht’s erst richtig los.
Zahlreiche Amtsgerichte sollen bei T-Online
die Herausgabe von Verbindungsdaten erwirken,
Schriftverkehr mit Vermerken wie „Eilt” oder
„Eilt sehr” geht hin und her.
Mehrere Landeskriminalämter, mehrere Staatsanwaltschaften,
mehrere Amtsgerichte und mehrere Polizeiabteilungen
befassen sich mit der Angelegenheit,
und so wächst die Akte auf über 100 Seiten an.
In mindestens fünf Bundesländern
haben sich Behörden mit dem Fall beschäftigt.
Interessant, dass sich trotz dieses gewaltigen Aufwands
scheinbar niemand die Mühe gemacht hat,
die Diskussion bei Telepolis einmal in Ruhe nachzulesen.
Durch die gesamten Akten zieht sich
ein leicht erkennbares Missverständnis,
dass sich auch in dem Strafbefehl gegen mich wiederfindet.
„Engine_of_Aggression” hat nämlich nicht,
wie immer wieder behauptet wurde,
die Anschläge vom 11. September 2001 gutgeheißen,
sondern er hat das mutmaßliche Massaker der Nord-Allianz
mit Unterstützung der US-Armee gutgeheißen.
Aber anstatt die Diskussion einfach nachzulesen,
hat das Amtsgericht Münster es vorgezogen,
per Beschluss die Herausgabe meiner Verbindungsdaten zu erwirken.
Daten übrigens,
die durch den Internet-Anbieter T-Online illegal vorrätig gehalten wurden.
Dazu später mehr.
Im Laufe der Ermittlungen fällt auch der Polizei Münster auf,
dass die Vorwürfe gegen mich nicht so ganz stimmen können.
Denn sie stellt fest, dass ich mich an anderer Stelle im Telepolis-Forum
eindeutig gegen die Anschläge vom 11. September 2001 geäußert habe.
Jetzt merkt’s also auch die Polizei, somit auch die Staatsanwaltschaft,
und die Akte wird endgültig geschlossen? Von wegen.
Auf diesem Ermittlungsstand ergeht ein Eintrag in die Kriminalstatistik –
in den Akten zwischen Nr. 95 und Nr. 96. Der Fall sei aufgeklärt.
Am 14. November erhalte ich einen Strafbefehl. Wegen Billigung von Straftaten soll ich 50 Tagessätze zahlen, insgesamt 1.500 Euro.
Mir wird vorgeworfen, ich habe – Zitat aus dem Strafbefehl –
„die Forum Beiträge des ‘EOA’ gewaltverherrlichenden Inhalts [...]
öffentlich gutgeheißen” – Zitat Ende.
Es ist mir unbegreiflich, wie das Gericht zu der Behauptung kommt,
ich habe die Aussagen von „Engine_of_Aggression” gutgeheißen!
Meine scheinbare Zustimmung zur Hetzschrift des „Engine_of_Aggression”
steht in offensichtlichem Widerspruch zu den inhaltlichen Positionen:
„Engine_of_Aggression” stellt sich auf die Seite der USA,
ich stelle mich dem Anschein nach auf genau die andere Seite.
Dass da etwas ironisch gemeint sein musste, ist offenkundig.
So „unbefangen” kann kein Leser, keine Leserin sein,
um sowohl
die persiflierende Wiederholung von „Engine_of_Aggression”s Formulierungen,
als auch die inhaltliche Widersprüchlichkeit,
als auch den Hinweis auf Sarkasmus,
als auch die Distanzierung in der Überschrift,
als auch die Distanzierung durch die Formulierung „Volksverhetzer”,
als auch die Distanzierung durch das zukünftige Ausfiltern seiner Beiträge
zu überlesen.
Wie das Gericht dennoch zu der Ansicht gelangen konnte,
ich habe – Zitat aus dem Strafbefehl:
„die Forum Beiträge des ‘EOA’ [...]
öffentlich gutgeheißen” – Zitat Ende –, ist mir schleierhaft.
Auch eine juristische Herangehensweise brachte zunächst eher Verwirrung, als Aufklärung.
Im Strafbefehl wird mir die Billigung von Straftaten vorgeworfen,
und zwar die Billigung von Taten – Zitat –
„gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 6 StGB” – Zitat Ende.
Die Billigung der in Nr. 6 genannten Taten ist aber
laut § 140 StGB gar nicht strafbar;
strafbar kann nur die Billigung der in Nr. 1 bis 5
dieses Paragraphens genannten Taten
oder der in § 126 Abs. 1 StGB genannten Taten sein.
Aus dem weiteren Verlauf des Strafbefehls geht dann aber hervor,
was gemeint ist. Ich soll einen oder mehrere Morde gebilligt haben.
Strafbefehle sind der Versuch, Menschen ohne Anhörung zu verurteilen.
Wie leichtfertig hier versucht wurde,
mich zu einer mit 50 Tagessätzen doch ziemlich hohen Strafe zu verurteilen,
hat mich überrascht.
Da waren Zitatzeichen falsch gesetzt,
so dass ich zunächst nicht wusste,
ob das Gericht mir nicht irrtümlich
Äußerungen von „Engine_of_Aggression” zugeschrieben hatte.
Da war, wie erwähnt, ein Paragraph falsch angegeben,
so dass ich den juristischen Vorwurf zunächst nicht nachvollziehen konnte.
Obwohl das Gericht schon lange – sowohl durch den Hinweis von Herrn von Pappenheim,
als auch durch polizeiliche Recherche – wusste,
dass meine Äußerungen wohl nicht wörtlich zu nehmen waren,
wurde mir der falsche Eindruck vermittelt,
das Gericht hätte meine Äußerung
ausschließlich wörtlich verstanden.
Wesentliche Teile des Vorwurfs wurden im Strafbefehl
überhaupt nicht gestützt bzw. erläutert.
Das Billigen einer Straftat kann nur dann nach § 140 StGB bestraft werden,
wenn die Billigung in einer Weise geschieht, die geeignet ist,
den öffentlichen Frieden zu stören.
Wie mein Text nun den öffentlichen Frieden stören soll,
ist mir schleierhaft.
Das Amtsgericht Münster hat sich darüber
in dem Strafbefehl gegen mich schlicht ausgeschwiegen,
auch die Akteneinsicht brachte hier keinerlei Erkenntnisse.
Kurz: Die Entscheidung,
mich versuchsweise ohne Anhörung zu immerhin 50 Tagessätzen
– immerhin 1.500 Euro – zu verurteilen,
scheint mir doch etwas leichtfertig gefallen zu sein.
Wenn Gericht und Staatsanwaltschaft meinen Text tatsächlich für geeignet halten, den öffentlichen Frieden zu stören: Warum haben sie dann nicht versucht, meinen Text aus dem Forum entfernen zu lassen?
Als auch die Staatsanwaltschaft angefangen hatte einzusehen,
dass mein Text wohl nicht wörtlich gemeint war,
hat sich Staatsanwältin Mönning etwas besonderes einfallen lassen.
Wenn ich die Morde vom 11. September 2001
nur fahrlässig gebillig hätte,
wäre das nach § 15 StGB nicht strafbar gewesen.
Also behauptet sie einen sogenannten dolus eventualis, also einen bedingten Vorsatz.
Sie schreibt – Nr. 96 in den Akten:
„Für den bedingten Vorsatz reicht es jedoch,
dass der unbefangene Leser
die Äußerung als Billigung verstehen kann.” – Zitat Ende.
Wenn allein die Möglichkeit, dass etwas passieren kann,
für „Vorsatz” ausreichen soll,
wie Frau Mönning schreibt,
dann soll mir die Staatsanwaltschaft doch bitte erklären,
was Fahrlässigkeit ist.
Ich soll billigend in Kauf genommen haben,
dass andere glauben, ich hätte Mord gebilligt. So steht es im Strafbefehl.
Wie sich aber äußern soll,
dass ich ein mögliches Missverständnis meiner Äußerung
nicht nur in Kauf genommen, sondern eben billigend in Kauf genommen habe,
blieb rätselhaft.
Ich hatte schon erwähnt,
dass das Gericht in der Ermittlung gegen mich
auf illegale Datenbestände zurückgegriffen hat.
Der Internet-Provider T-Online hat offenbar
über Wochen oder Monate hinweg meine Verbindungsdaten illegal gespeichert.
Wann ich wie lange im Internet war und unter welcher Adresse,
das alles wurde präventiv mitprotokolliert,
ohne dass gegen mich irgendwelche Ermittlungen liefen.
Gemäß § 6 Absatz 2 Teledienstedatenschutzgesetz
muss ein Provider personenbezogene Daten frühzeitig löschen.
Zitat: „Zu löschen hat der Diensteanbieter
1. Nutzungsdaten frühestmöglich,
spätestens unmittelbar nach Ende der jeweiligen Nutzung,
soweit es sich nicht um Abrechnungsdaten handelt,
2. Abrechnungsdaten,
sobald sie für Zwecke der Abrechnung
nicht mehr erforderlich sind; [...]” – Zitat Ende.
Da ich bei T-Online einen Flatrate-Tarif habe, also unabhängig von der genauen Internet-Nutzung monatlich einen pauschalen Betrag zahle, werden Verbindungsdaten für Abrechnungszwecke nicht benötigt.
Nach Angaben der Fachzeitschrift c’t ist dieses illegale Verhalten von T-Online seit mindestens Anfang 2002 bekannt. – Zitat: „Seit Anfang dieses Jahres [2002] versucht das Regierungspräsidium Darmstadt als zuständige Aufsichtsbehörde, T-Online dazu zu bewegen, sich datenschutzkonform zu verhalten. [...] Für Datenschutzexperten wie den Rechtsanwalt Stefan Jaeger ist die Sachlage eindeutig: ‘T-Online handelt hier rechtswidrig.’” (Ausgabe 17/2002, Seite 124 ff.)
Warum konnte T-Online über Monate hinweg solche Datensammlung weiterbetreiben,
obwohl dem Staat bekannt war, was dort passierte?
Das Verfahren gegen mich macht deutlich,
dass diese illegale Datensammlung für den Staat offenbar sehr praktisch ist.
Ist es abwegig, da einen Zusammenhang zu vermuten?
Interessant ist weiterhin die Einordnung
der Angriffe vom 11. September 2001 als Mord.
Für mich ist die Sache eindeutig: Die Angriffe waren Mord, sie waren Massenmord.
Ebenso wie der anschließende Angriffskrieg
der USA gegen Afghanistan Massenmord ist.
Menschen durch Streubomben und Luftangriffe umzubringen ist ebenso Mord,
wie Flugzeuge in Hochhäuser voller Menschen zu jagen.
Das Gesetz unterscheidet aber zwischen kriegerischen Aktionen und Mord. Ich finde diese Unterscheidung pervers, aber sie ist nicht ganz ohne Bedeutung.
Auf Mord darf ein Staat nicht mit einem Krieg reagieren. Auf einen kriegerischen Angriff aber darf ein Staat unter Umständen mit einem Krieg reagieren. – Das ist nicht meine Meinung, sondern Völkerrecht.
Wenn dieses Gericht also die Angriffe vom 11. September als Mord einordnet
und nicht als kriegerische Handlung,
dann muss es ja den Krieg gegen Afghanistan,
der mit deutscher Beteiligung geführt wird,
als illegalen Angriffskrieg betrachten.
Damit wäre das Gericht in diesem Punkt ganz meiner Meinung,
aber es bliebe die Frage offen:
Warum werden dann nicht hunderte Strafverfahren
wegen Vorbereitung eines Angriffskrieges,
Unterstützung einer kriminellen Vereinigung usw.
gegen Politikerinnen, Poliker und Militärs geführt?
Scheinbar wird juristisch genau dann zwischen Krieg und Mord unterschieden, wenn diese Unterscheidung zugunsten der herrschenden Politik ausfällt.
Dass „freie Meinungsäußerung” nur dann gilt,
wenn die geäußerte Meinung den Zielen der Herrschenden entspricht,
das kenne ich aus der DDR,
aber auch aus den antikommunistischen Berufsverboten der Bundesrepublik
oder den Ausreiseverboten der BRD gegen GlobalisierungskritikerInnen.
Ich hoffe, dass dieses Gericht sich nicht in diese Tradition stellt.
Holger Voss
zuletzt geändert: 24.01.2003 by Webmaster | Zurück Start Weiter |