No1984 / Datensammlung / Anzeige
Verfasst von:
Rechtsanwalt Stefan Jaeger, Wiesbaden
jaeger@edv-rechtsberatung.de,
10. April 2003
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit zeige ich an, dass ich Herrn Holger Voss, [...] Münster, anwaltlich berate und vertrete. Herr Voss nutzt einen Internet-Zugang über die T-Online International AG im Rahmen eines Flatrate-Tarifes. Herr Voss hat davon Kenntnis erhalten, dass die T-Online International AG offenbar neben den Informationen, wann und wie lange er den Internetzugang nutzte auch die ihm für den Zeitrahmen der Nutzung zugewiesene dynamische IP-Nummer protokolliert und speichert. Diese Speicherung verstößt gegen den Datenschutz. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. TDDSG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 5 Satz 1 oder § 6 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 8 Satz 1 oder 2 TDDSG personenbezogene Daten erhebt, verarbeitet, nutzt oder nicht oder nicht rechtzeitig löscht. Da diese Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu € 50.000,00 geahndet werden kann, bitte ich namens und in Vollmacht meines Mandanten um die Einleitung ordnungsrechtlicher Schritte gegen die T-Online International AG.
Die Ermöglichung eines Internetzugangs ist gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 Teledienstegesetz (TDG) als Teledienst zu qualifizierten. Fragen der Speicherung entsprechender Daten sind demnach nach dem TDDSG zu prüfen. Das TDDSG ist hier vorrangig vor dem BDSG. Lediglich in den Fällen, in denen das TDDSG die Verwendung personenbezogener Daten nicht abschließend geregelt hat, ist das BDSG ergänzend hinzuzuziehen. Die Befugnis zur automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten über die Inanspruchnahme von Telediensten durch T-Online International AG ist insbesondere in den §§ 4 und 6 TDDSG geregelt. Grundsätzlich verpflichtet der Gesetzgeber durch diese Regelungen den Diensteanbieter, eine anonyme oder pseudonyme Inanspruchnahme des Internetdienstes zu gewährleisten. Die Möglichkeit der Speicherung oder sonstigen Erhebung personenbezogener Daten hat der Gesetzgeber nur in Ausnahmefällen ausnahmsweise erlaubt, nämlich soweit dies erforderlich ist, um die Inanspruchnahme von Telediensten zu ermöglichen und abzurechnen. Da bei einem Flaterate-Tarif die Nutzung des Internets pauschal mit einer monatlichen Gebühr abgerechnet wird und es nach dem diesen Tarif zugrundeliegenden Vertrag unerheblich ist, wie lange ein Internet-Nutzer den Zugang nutzt, ist es für die Abrechnungszwecke des jeweiligen Unternehmens nicht erforderlich, Nachweise darüber zu führen, wann welcher Nutzer dieses Tarifs wie lange den Internetzugang nutzte. Für Abrechnungszwecke des Diensteanbieters ist es in dem Fall völlig unerheblich, ob der Internetnutzer mehrfach am Tage den Internetzugang nutzt oder überhaupt nicht. Um seinen Entgeltanspruch vor Gericht durchzusetzen oder zu beweisen, bedarf es lediglich des Nachweises, dass der Diensteanbieter mit dem Nutzer einen rechtsgültig geschlossenen Vertrag über diesen Tarif hat und einen funktionsfähigen Internetzugang zur Verfügung gestellt hat. Bereits dann hat er seinen Vergütungsanspruch, der unabhängig davon besteht, ob der Nutzer die Zugangsmöglichkeit überhaupt nutzt.
Bei der zeitweise zugewiesenen IP-Nummer (dynamische IP-Nummer) handelt es sich auch um ein personenbezogenes Datum. Wenn nämlich durch die Speicherung belegt werden kann, dass ein bestimmter Kunde des Diensteanbieters das Internet zu einem bestimmten Zeitpunkt genutzt hat, ist allein dieser Beleg ein personenbezogenes Datum. Die Personenbezogenheit entfällt erst dann, wenn eine Zuordnung zwischen der nutzenden Person und einer bestimmten IP-Nummer nicht mehr möglich ist, etwa dann, wenn die Kunden anonymisiert worden sind. Durch eine solche Anonymisierung würde die Personenbezogenheit entfallen. Offensichtlich anonymisiert T-Online International AG jedoch die Zuordnung der dynamischen IP-Nummer nicht.
§ 6 Abs. 8 TDDSG regelt abschließend den Fall, dass ein Mißbrauch des Teledienstes erfolgt. In den Fällen ist eine vorsorgliche Speicherung von Daten gerechtfertigt. Dadurch, dass der Gesetzgeber diese eindeutige abschließende Regelung aufgestellt hat, gibt er zu erkennen, dass eine darüber hinausgehende Speicherung, quasi als Mißbrauchsvorsorge, nicht erlaubt ist. In dem Moment, wo beispielsweise mittels Zugang über eine dynamische IP-Nummer beispielsweise ein DoS-Angriff vorgenommen wird, liegt der Ausnahmefall des § 6 Abs. 8 TDDSG sicherlich vor. Eine Speicherung ist dann notwendig und erforderlich und damit auch zulässig. Eine rein vorsorgliche Speicherung von IP-Nummern derjenigen Nutzer, die keinerlei Mißbrauch betreiben, ist weder technisch noch organisatorisch in irgendeiner Weise notwendig und auch vom Gesetz nicht erlaubt. Das TDDSG und alle anderen datenschutzrechtlichen Vorschriften dienen dem Schutz des Persönlichkeitsrechts, hier der Internetnutzer. Der Gesetzgeber geht grundsätzlich vom Grundsatz und Erfordernis der Datenvermeidung aus. Eine Speicherung dynamischer IP-Nummern ist zumindest bei denjenigen Nutzern, die mittels Flatrate den Zugang nutzen nicht erlaubt und verstößt damit gegen die datenschutzrechtlichen Vorschriften des TDDSG.
Ich bitte höflich um Mitteilung des Aktenzeichens, unter dem das Ordnungswidrigkeitsverfahren geführt wird und um Akteneinsicht nach Abschluß der Ermittlungstätigkeit.
Mit freundlichen Gruessen
Stefan Jaeger
Rechtsanwalt
zuletzt geändert: 15.04.2003 by Webmaster | Zurück Start Weiter |